Hoffnungsträger der liberalen Opposition




Für viele junge Ägypter ist al-Baradei zu einer Symbolfigur für die lang ersehnte Veränderung im Land geworden. Nach Jahrzehnten im Ausland will der Nobelpreisgewinner in diesem Jahr endgültig zurück in seine Heimat ziehen.
Vor allem seine lange Abwesenheit von der lokalen Politikszene und seine Distanz zum Regime und den etlichen Korruptionsskandalen, mit denen es zu kämpfen hat, machen al-Baradei in den Augen von vielen zum aussichtsreichsten Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2011.
Hinzu kommt, dass er dank seiner heiklen Position als ehemaliger Chef der Internationalen Atomenergiebehörde hohes Ansehen im Ausland genießt und es dem Mubarak-Regime schwer fallen sollte, Baradei zu große Steine in den Weg zu legen, sollte es tatsächlich zu einer Kandidatur kommen.
Doch die legalen Hürden werden wohl auch für al-Baradei zu hoch sein, um sie zu überwinden. Zwar wurde 2005 die Verfassung geändert und die Präsidentschaftswahl mit mehreren Kandidaten eingeführt, doch Kritiker behaupten, dass die neuen Bestimmungen einzig einem Kandidaten der regierenden NDP die Chance gäben, Präsident zu werden und die Verfassungsänderung dem jüngsten Sohn Mubaraks, Gamal, den Weg ins Präsidentenamt ebnen soll.
Gegen Mubaraks Erbrepublik
Für einen unabhängigen Anwärter oder einen Kandidaten einer kleineren Partei ist es mit den Änderungen praktisch unmöglich geworden, ins Rennen zu gehen. Am Flughafen wurden daher auch immer wieder lauthals Parolen gegen die Einführung einer Erbrepublik gerufen.
Neben der regierungstreuen Presse, die entweder gar nicht über Baradeis Ankunft berichtete oder ihn dafür angreift, dass er viel zu lange im Ausland gelebt hat, um die eigentlichen Probleme der Ägypter zu kennen, gibt es auch unabhängige kritische Stimmen, die die Begeisterung für Baradei für überzogen halten.
Sandmonkey, ein liberaler ägyptischer Blogger, schreibt in einem Twitter-Eintrag: "Was wir hier sehen ist ein weiterer Beweis dafür, dass wir eine Nation von Mitläufern sind, die niemals eine eigene Position vertreten können. Wir glauben nicht, dass uns auch ein einfacher Bürger führen könnte, einer von uns. Wir brauchen immer einen Meister. Jeder, der berühmt ist und international anerkannt, wird sofort ins Rennen um die Präsidentschaft geworfen."
Ob Baradei die große Verantwortung, die jetzt schon auf seinen Schultern zu lasten scheint, überhaupt übernehmen und sich einer Kandidatur stellen will, ist völlig unklar.
Am Flughafen jedenfalls kam es nicht zu einem Treffen mit seinen Anhängern. Bis um 18 Uhr, als sein Flieger mit dreistündiger Verspätung in Kairo landete, war die Masse der Demonstranten so groß geworden, dass die Sicherheitsbeamten den 67jährigen zuerst im Terminal festhielten und später unbemerkt durch einen Seitenausgang hinausschleusen konnten.
Ob sich al-Baradei vor der Menschenmenge fürchtete oder sich von der neuen Rolle als Hoffnungsträger der ägyptischen Jugend und der Oppositionsbewegung schlicht überfordert fühlte, ist nicht klar.
Amira El Ahl
© Qantara.de 2010
Qantara.de
Menschenrechtssituation in Ägypten
Notstand als Normalzustand
Erstmals haben die USA auf einer Sitzung des UN-Menschenrechtsrates in Genf ihren langjährigen Verbündeten Ägypten aufgefordert, das seit 1981 in Kraft befindliche Notstandsrecht endlich aufzuheben und die Menschenrechtslage im Land am Nil zu verbessern. Von Andreas Zumach
Hosni Mubaraks Herrschaft in Ägypten
Das Erbe des Pharao
Seit 28 Jahren regiert Hosni Mubarak uneingeschränkt sein Land. Doch gegen seine autokratische Herrschaft regt sich zunehmend Widerstand. Auch fragen sich viele Ägypter, wie die Zukunft der Nilrepublik nach Mubaraks Tod aussehen könnte. Aus Kairo informiert Amira El Ahl.
Verlängerung des Ausnahmezustandes in Ägypten
Autokrat im Notstand
Während der Kampagne zur Präsidentschaftswahl hatte Husni Mubarak noch versprochen, den Notstand aufzuheben und durch Antiterror-Paragraphen zu ersetzen. Stattdessen wurde er abermals verlängert. Informationen von Jürgen Stryjak aus Kairo.