"Ich will mein Leben zurück"

Amal Yarisi, Sanaa/Jemen, 28 Jahre, Journalistin
"Ich lebe in einem kriegsgebeutelten Land mit einem Gesundheitssystem, das am Boden liegt, und mit vielen Menschen mit schwachen Immunsystemen. Natürlich macht mir das alles Angst. Hier sind so viele Menschen krank - Cholera, Diphterie und auch viele andere Krankheiten können hier nicht behandelt werden. Wir haben noch nicht mal ausreichende Möglichkeiten, Menschen auf das Coronavirus zu testen. Auch in den Laboren sind die Mitarbeiter nicht ausreichend ausgebildet, um das Virus überhaupt zu identifizieren.

Loreen Msallam, Bethlehem/Palästinensische Autonomiegebiete, 37 Jahre, Wirtschaftswissenschaftlerin
"Die Situation ist wirklich nicht leicht und ich empfinde auch Sorge. Wenn sich die Situation bei uns verschlechtern sollte, dann gibt es keine ausreichende medizinische Versorgung. Ich sehe ja auch wie es anderen Ländern geht, die eigentlich ein besseres Gesundheitssystem haben als wir hier. Wir fragen uns auch, wie lange wir eingesperrt bleiben. Das Leben steht still. Auch wenn ich wirklich stolz darauf bin, wie die Palästinensische Autonomiebehörde damit umgeht.

Faten Jebai, Libanesin mit Wohnort Doha/Qatar, 28 Jahre, Videojournalistin/Medientrainerin
"Ich bin in Doha angekommen, war gerade mal fünf Tage in meinem neuen Job - und musste dann schon in Quarantäne. Für mich das eine Herausforderung: Ich habe die Stadt, in der ich jetzt lebe, auch noch gar nicht erkunden können. In Doha zu sein bedeutet aber auch, dass ich finanziell zumindest abgesicherter bin als im Libanon – zumindest ist das mein Eindruck.

Deema Deeb Abu Dalo, Amman/Jordanien, 26 Jahre, Masterstudentin Architektur:
"Ich bin dankbar, dass ich gesund bin und dass ich genügend Platz habe, um mich in Quarantäne zu begeben. Mir fehlt es an nichts. Ich habe Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel – aber in den sozial schwächeren Gegenden sind nicht alle Menschen versorgt – und die Preise sind stark gestiegen. Ich mache mir aber auch Sorgen.

Sanaa (möchte ihren Nachnamen nicht nennen), Idlib/Syrien, 43 Jahre, NGO-Mitarbeiterin
"Wir leben seit 2011 im Krieg. Es fehlt an allem, an Wasser, Arbeit – viele leben in Zelten. Mein Mann, mein Sohn und ich leben in einer kleinen Wohnung, aber alles ist teuer. Wir müssen regelmäßig den Wassertank auffüllen, sonst ist auch das Händewaschen nicht möglich.

Selma Mahfoudh, Tunis/ Tunesien, 38 Jahre, Übersetzerin:
"Ich mache mir besonders Sorgen um meine Mutter, die in einer Gegend mit schlechter medizinischer Versorgung lebt, aber auch um meine vierjährigen Zwillinge. Die Wirtschaft Tunesiens war schon vor COVID-19 schlecht dran. Diejenigen, die vorher schon in ärmlichen Verhältnissen gelebt haben, werden nach der Pandemie noch schlechter gestellt sein.

Ghina Mansour, Batroun / Libanon, 25 Jahre, NGO-Mitarbeiterin
"Die Situation ist mental belastend. Das ganze Leben spielt sich im Internet ab und die meisten Medien kennen kein anderes Thema mehr als Corona. Man bekommt keine Auszeit und der Fokus liegt fast ausschließlich auf negativen Themen.

Wenn ich sehe, dass Menschen in manchen Gegenden im Libanon die Ausgangsbeschränkung nicht ernst nehmen, dann bereitet mir dies zusätzliche Sorge. Dadurch werden wir noch länger in diesem Zustand leben müssen. Ich bin bei einer Menschenrechtsorganisation tätig und bekomme viel Leid mit. Unsere Regierung hat die Maßnahmen ergriffen, die auch andere Länder ergriffen haben – mit dem Unterschied, dass der Libanon von einer Krise in die nächste rutscht und wir schon vor Corona vor einem Staatsbankrott standen. Wirtschaftliche Hilfen für Menschen in Not sind hier kaum möglich."
Die Interviews führte Diana Hodali.
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