Wie steht es um das deutsch-türkische Verhältnis?



Die deutsche Gesellschaft muss endlich akzeptieren, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, das hat sie viel zu lange verdrängt. Und sie muss die Bildungsmisere der Mehrheit der türkischen Kinder endlich in den Griff bekommen.
Spätestens seit der Pisa-Studie wissen wir, dass die schlechten Bildungschancen der türkischen Migrantenkindern ihre Ursache vor allem in den sozialen Unterschieden hat. Denn Kinder, die aus Elternhäusern kommen, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft wenig Wert auf Bildung legen, haben von vorneherein wenig Aussicht auf beruflichen Aufstieg.
Verbesserte Bildungschancen für Migrantenkinder
Die deutsche Gesellschaft muss die Bildungschancen der türkischen Migrantenkinder intensiver vorantreiben, indem sie zum Beispiel auf einem obligatorischen Vorschuljahr besteht, um Defizite wie fehlende Sprachkenntisse frühzeitig zu beheben.
Auch Ganztagsschulen fördern das selbstverständliche Miteinander von türkischen und deutschen Kindern. Und: Deutschland muss darauf bestehen, dass der Islamunterricht im Rahmen der staatlichen Lehrpläne durchgeführt wird.
Auf der anderen Seite müssen die türkischen Migranten in Deutschland akzeptieren, dass die Integration das Ziel ist. Nicht Abgrenzung, sondern Einbindung in die deutsche Gesellschaft und das Akzeptieren ihrer Regeln, etwa den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau, muss selbstverständlich sein.
Und wer dauerhaft in Deutschland leben will, muss bereit sein, Deutsch zu lernen. Denn das Beherrschen der deutschen Sprache ist der Schlüssel zum beruflichen Aufstieg. Wer gut Deutsch spricht, findet leichter Arbeit als jemand mit schlechten Sprachkenntnissen.
Verantwortung der türkischen Medien
Schließlich müssen die zahlreichen türkischen Medien in Deutschland die Mitverantwortung für die Integration übernehmen. Die Berichterstattung nach Ludwigshafen war alles andere als ein Ruhmesblatt.
All das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den vergangenen Jahren auch viele sinnvolle Versuche unternommen wurden, um das Verhältnis zwischen Deutschen und Türken zu verbessern.
Der regelmäßig stattfindende Integrationsgipfel, der relevante Vertreter deutscher und türkischer Gruppen an einen Tisch bringt, ist ein Beispiel. Die vielen Moscheen, die allerorten in Deutschland gebaut wurden, ein anderes.
Kein Zweifel, das friedliche und tolerante Zusammenleben zwischen Deutschen und Türken in Deutschland bleibt ein hartes Stück Arbeit. Aber der Gewinn, den beide Seiten aus der Vielfalt der unterschiedlichen Kulturen ziehen können, lohnt sich allemal.
Wer sich davon überzeugen möchte, sollte einen Blick auf die beeindruckenden Erfolgsgeschichten von türkischen Migranten in Deutschland werfen. Auch diese sind eine Facette des deutsch-türkischen Verhältnisses.
Verica Spasovska
© DEUTSCHE WELLE 2008
Qantara.de
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