Lajpat Nagar - "Klein-Kabul" in Neu Delhi
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Der Markt von Lajpat Nagar ist bei den dort lebenden Indern sehr beliebt. Die Preise, die verlangt werden, sind fair und günstig, also wird kaum gefeilscht. -
In letzter Zeit hat sich der Bezirk allerdings einen ganz anderen Ruf erworben. Seit einigen Jahren zieht Lajpat Nagar in Delhi immer mehr Menschen aus Afghanistan an. Manche Bewohner bezeichnen den Stadtteil inzwischen schon als "afghanische Kolonie". -
Überall in Lajpat Nagar sieht man Afghanen. Wenn man Dari oder Paschtu spricht, die offiziellen afghanischen Landessprachen, kommt man dort inzwischen sehr gut zurecht. Viele Afghanen, die hierher kommen, sind Flüchtlinge, die in Delhi ein neues Leben suchen. Auf diesem Foto sehen wir Mohammed Wali. Er kommt aus der nordafghanischen Stadt Mazar-e-Sharif. Jetzt betreibt er in Delhi gemeinsam mit seinem Vater eine Eisdiele. -
Die Straßen in dieser Gegend sind voll mit afghanischen Restaurants, Supermärkten und Apotheken. Auch viele Medizintouristen aus Afghanistan kommen nach Delhi, um sich hier behandeln zu lassen. -
Da zwischen den beiden Ländern freundschaftliche Beziehungen bestehen, ist es für afghanische Staatsbürger relativ leicht, ein Visum für Indien zu bekommen. Die Regierungen von Afghanistan und Indien betonen gern, wie wichtig ihre Partnerschaft und historische Freundschaft für sie ist. -
Dass Afghanen nach Indien auswandern, ist keine neue Entwicklung, sondern bereits seit Jahrhunderten üblich. Viele der Regierungsdynastien Nordindiens kamen ursprünglich aus Afghanistan, darunter auch die paschtunische Lodi-Dynastie, die im 15. Jahrhundert über das Sultanat Delhi herrschte. -
Laut Angaben der afghanischen Botschaft in Delhi leben allein in der indischen Hauptstadt etwa 30.000 afghanische Familien. Zahlen des UNHCR deuten aber darauf hin, dass in Indien nur 10.000 Afghanen offiziell registriert sind. -
Obwohl in Indien viele afghanische Flüchtlinge leben, sind nur wenige von ihnen offiziell von der Regierung anerkannt. Diejenigen, die mit einem Visum einreisen, müssen für sich selbst sorgen können. Ein solches Visum muss jedes Jahr erneuert werden. Diejenigen, die sich nicht selbst finanzieren können, verhalten sich besser möglichst unauffällig. -
Während die meisten der afghanischen Sikhs und Hindus, die nach Indien geflüchtet sind, eingebürgert wurden und volle Rechte als Staatsbürger genießen, ist dies bei den muslimischen Flüchtlingen nicht der Fall. -
Viele der Afghanen in Lajpat Nagar leben erst seit wenigen Jahren dort. Der Hauptgrund, weswegen sie ihr Heimatland verlassen, ist die immer noch andauernde Gewalt in Afghanistan. Laut Zahlen der UN wurden dort allein im Jahr 2017 10.000 Zivilisten getötet oder verletzt. In den großen Städten, darunter auch in Kabul, gab es in den letzten Monaten verheerende Bombenanschläge. -
Was die Afghanen an Indien am meisten anzieht, ist der Frieden und die Sicherheit, die das Land bietet. Viele von ihnen leben allerdings in bitterer Armut und haben keinerlei Einkommen. Auch die Hilfsleistungen des UNHCR sind nur begrenzt wirksam. -
"Wir haben hier Demokratie. Das ist sehr schön. Man kann das Leben genießen. Aber was ist das alles wert, wenn wir in Armut leben müssen?", meint Said, der gemeinsam mit seinem Sohn "Bolani" verkauft, das gefüllte afghanische Fladenbrot. Im Moment überlegt er, ob er nicht lieber nach Kabul zurückkehren soll.
https://qantara.stage.universum.com//node/27132
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