Die Kolbars von Irans Kurdistan
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Von der Straße aus, die die westiranische Grenzstadt Marivan mit dem nahe gelegenen Ort Hawraman Takht verbindet, ist die Kolbar-Route entlang der schneebedeckten Hänge des Berges Kuh-e Takht gut zu erkennen. Viele Menschen aus dem Ort bestreiten ihren Lebensunterhalt als Lastenträger auf dieser gefährlichen Route. Entlang des kurdisch besiedelten Gebiets der 1500 km langen Grenze zwischen dem Iran und dem Irak verlaufen zahlreiche weitere Schmuggelrouten -
Nach Überqueren der Bergpässe steigt eine Gruppe von "Kolbars" bei Minusgraden mit ihrer Last den steilen Hang durch den Schnee hinunter ins Tal. "Kolbar" bedeutet auf Kurdisch Lastenträger. Die Überquerung der Grenze dauert zwischen acht und zwölf Stunden. Insbesondere unter den schwierigen Bedingungen im Winter kommt es zu zahlreichen Unfällen. -
Je nach Art der Güter und der körperlichen Verfassung transportiert ein Träger zwischen 40 und 90 kg. Aus dem kurdischen Teil des Irak werden Waren aller Art in den Iran geschmuggelt: Unterhaltungselektronik, Kleidung, Zigaretten und auch Alkoholika. Letztere sind im Iran verboten. Die Kolbars sind eine Besonderheit in der kurdischen Grenzregion des Iran. -
Unten am Berghang angekommen, ist es Zeit, die Lasten wieder zu schultern. Diese sind oft so schwer, dass die Kolbars sich gegenseitig dabei helfen müssen. Die hohe Arbeitslosigkeit von bis zu 50 % in den kurdischen Provinzen des Iran sowie die bittere Armut lassen der männlichen Bevölkerung zwischen 13 und 80 Jahren oft keine andere Einnahmequelle. -
Ein schwer beladener Träger begibt sich nach kurzer Zigarettenpause auf die letzte Etappe der Route. Die Träger sind nicht nur den Elementen ausgeliefert. Sie sind im Visier der iranischen Grenzpolizei und müssen stets damit rechnen, beschossen zu werden. -
Eine Gruppe von Kolbars bahnt sich Schritt für Schritt ihren Weg durch den Schnee dem Ziel entgegen. Laut Statistik verlieren jedes Jahr mehrere hundert Träger ihr Leben. Etwa zwei Drittel werden von der Islamischen Revolutionsgarde erschossen, die die Grenze zum Irak überwacht. In der letzten Zeit nimmt die Gewalt gegen Kolbars kontinuierlich zu. -
Nach Schätzungen bestreiten mehrere tausend Männer aus den Grenzregionen der kurdischen Gebiete (Rojhelat) den Lebensunterhalt ihrer Familien als Kolbars. In einem Gebiet, wo traditionell viele Großfamilien leben, sind mehrere hunderttausend Menschen auf diese illegale Einnahmequelle angewiesen. Viele weitere sind an der Verteilung der Schmuggelware in anderen Teilen des Iran beteiligt. -
Kolbars überqueren die unwegsamen, schneebedeckten Berge in ihrer üblichen Kleidung. Funktionsbekleidung können sie sich nicht leisten. Die Zahl der Menschen, die als Träger arbeitet, nimmt weiter zu. Nicht zuletzt wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise im Iran und der von den USA und anderen Ländern verhängten strengen Sanktionen. -
Im Winter benutzen die Männer behelfsmäßige Steigeisen, um die Berge zu überqueren. Die Eisen werden mit Schnüren an normalen Schuhen befestigt. -
Auch ein Mann in den Zwanzigern aus einem nahegelegenen Dorf arbeitet seit kurzem als Träger. Trotz eines Master-Abschlusses an der örtlichen Hochschule konnte er keine andere Arbeit finden. Für ihn ist dies derzeit die einzige Einnahmequelle. -
Eine Gruppe erschöpfter Träger nähert sich der örtlichen Straße, wo sie ihre Waren deponieren werden. Der Markt für Schmuggelware entstand mit Gründung der Regionalregierung Kurdistan im Irak im Jahr 1992 und entwickelte sich in den späten 1990er Jahren immer stärker. -
Kolbars mit LED-Großbildschirmen auf dem Rücken kurz vor Ende eines langen und gefährlichen Marsches. -
Sobald die Lastenträger die Straße zwischen Marivan und Hawraman Takht erreichen, übergeben sie ihre Waren. Je nach Gewicht der Güter verdienen sie am Transport zwischen 20 und 40 US-Dollar. -
Blick auf Hawraman Takht, einem historischen Ort mit den für die Region typischen Terrassenhäusern aus Stein. Wegen seiner besonderen Architektur und Landschaft wurde der Ort letztes Jahr in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Ungeachtet des großen touristischen Potenzials bleibt der Schmuggel für viele Menschen in dieser verarmten Region vorerst die einzige Möglichkeit zu überleben.
https://qantara.stage.universum.com//node/42333
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