Ist die Fortsetzung der Islamkonferenz sinnvoll?


Die Islamkonferenz ist mehr als ein Debattierclub
Doch die Kritik des Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Ayyub Axel Köhler, an der Neubesetzung und Neuausrichtung der Islamkonferenz, ist überzogen und im Kern nicht nachvollziehbar. Die Deutsche Islamkonferenz ist auch in ihrer jetzigen Form wahrlich kein "unverbindlicher Debattierclub", sondern ein langer und schwieriger Prozess der Annäherung und Anerkennung zwischen Deutschland und seinen Muslimen – mit offenem Ende und sichtbaren Erfolgen.

Gefühlte Anerkennung der deutschen Muslime
Zum ersten Mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte bekennt sich ein deutscher Innenminister dazu, dass der Islam ein Teil von Deutschland ist. Zwar fehlen noch die Voraussetzungen für die formale Anerkennung der Muslime als Körperschaft des öffentlichen Rechts - die gefühlte Anerkennung der Muslime in der Öffentlichkeit hat aber spürbar zugenommen, was sich nicht zuletzt an den zunehmend kritischen Reaktionen auf die islamfeindlichen Tendenzen in einigen Massenmedien zeigte.

Die erste Islamkonferenz war - bei allen Schwierigkeiten und teilweise berechtigter Kritik an Ihrer Zusammensetzung - ein bleibender, und sogar historischer Erfolg Wolfgang Schäubles, auch weil er die Einbettung des Islam in das deutsche Gemeinwesen wirklich als Herzensangelegenheit betrieben hat. Umso wichtiger ist es, in der zweiten Phase der Konferenz sich jetzt stärker praktischen Fragen und Problemlösungskonzepten zuzuwenden.
Diesem Umstand haben die Organisatoren der Islamkonferenz teilweise schon Rechnung getragen, indem Sie dafür sorgten, dass auf staatlicher Seite Länder und Kommunen im Vergleich zur ersten Phase stärker vertreten sind. Die wesentlichen Integrationsleistungen werden letztendlich in den Ländern, Städten und Gemeinden geleistet und dafür benötigt man Ansprechpartner wie Träger sozialer und religiöser Einrichtungen, vor allem Moscheegemeinden.
Aus diesem Grund wäre es ratsam, mehr muslimische Mündigkeit zu wagen und möglichst alle Verbände im Rahmen einer neuen Konsensformel wieder einzubinden. Auch deshalb bleibt die Islamkonferenz ohne wirkliche Alternative.
Loay Mudhoon
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Unter denkbar schlechtem Stern
Als die Konferenz im Jahr 2006 zum ersten Mal zusammentrat, da sprach man zwar von einem langfristigen Projekt, vier Jahre später aber scheint dies für manche der Gewissheit gewichen zu sein, dass hier im Kreis diskutiert wird. Die zweite Runde der Konferenz steht deswegen unter denkbar schlechtem Stern: Ein Teil der Teilnehmer wurde vom gastgebenden Innenminister de Maiziere ausgetauscht, ein anderer ausgeschlossen und ein dritter – der Zentralrat der Muslime - hat sich nun selbst zurückgezogen.
Der Zentralrat bemängelt vor allem, dass die Konferenz keine Fortschritte gemacht habe in Richtung auf eine Anerkennung der Muslime als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft neben Christen und Juden. Ein nicht ganz fairer Vorwurf, denn die Muslime treten in Deutschland ebenso wenig vereint und organisiert auf wie anderswo. Was von der Politik zwar gelegentlich bedauert wird, ihr aber auch als Vorwand dient, die Muslime in gewisser Weise zu bevormunden.
Nur in gegenseitigem Einverständnis

So spricht man ihnen nur allzu oft jede Integrationsbereitschaft ab und tut so, als könne Integration auf dem Verordnungsweg erreicht werden. Etwa: Die Akzeptanz der deutschen oder europäischen Werte müsse Voraussetzung für eine Einbindung der Muslime sein. So als sei dies nicht bei der großen Mehrheit der Muslime in Deutschland längst der Fall. Oder: Man schließt eine Organisation wie den "Islamrat" von der Konferenz aus, weil gegen einige ihrer Funktionäre polizeiliche Untersuchungen eingeleitet seien. Keine Unschuldsvermutung und auch keine Unterscheidung zwischen den Verdächtigten und ihrer Organisation.
Und schließlich: Schon in der ersten und jetzt wieder in der in der zweiten Runde sind einzelne Teilnehmer eingeladen, die zwar Muslime sind, aber niemanden vertreten außer sich selbst. Ziel der immer wieder beschworenen Integration von Muslimen in Deutschland muss sein, dass diese ihren festen Platz in der deutschen Gesellschaft bekommen und auch einnehmen. Das aber geht nur in gegenseitigem Einverständnis und die Politik begeht einen massiven Denkfehler, wenn sie meint, sie könne sich mit ihr genehmen Gesprächspartnern einen "deutschen Islam" basteln.
Peter Philipp
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Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de