Die Angst des Staates vor dem traditionellen Klerus



Diese Warnung bezeichnete Hasan Schariatmadari, der Sohn des verstorbenen Großajatollahs Kazem Schariatmadari und ebenfalls ein Anhänger des unpolitischen und traditionellen Islam, unlängst als ein Zeichen der politischen Legitimationskrise der Islamischen Republik.
In einem Gespräch mit dem persischsprachigen Radiosender "Radio Farda" sagte er, dass man sich in der 1400jährigen Geschichte der Schia immer an das Prinzip der Unabhängigkeit der religiösen Schulen und die Trennung von Religion und Politik gehalten habe.
"Nur Chomeini und seine Anhänger haben mit ihrer Theorie über die Herrschaft des religiösen Rechtsgelehrten die Regierung religiös und die Religion staatlich gemacht", so Schariatmadari.
Verlorenes Ansehen
Während nach jeder Inhaftierung der politischen Gegner der Islamischen Republik die oppositionellen Gruppierungen und Aktivisten im In- und Ausland lautstark gegen das Regime protestieren, war davon im Falle Borudscherdis und seiner Anhänger kaum etwas zu spüren.
Die Tatsache, dass ein großer Teil der Bevölkerung, vor allem Studenten und Aktivisten politischer Gruppierungen, den Geistlichen bzw. der Religion den Rücken gekehrt hat, scheint auch ein Ergebnis der totalitären Herrschaft der Mullahs zu sein.
Ajatollah Borudscherdi, der die Islamische Republik als "Diktatur der Klerus" bezeichnet und von einer Trennung von Religion und Politik spricht, versucht nun das "verlorene Ansehen der Religion" in der iranischen Gesellschaft zurück zu gewinnen.
Unter Mohammad Chatami kämpften auch die Reformer auf eigene Weise vergeblich für die "Unabhängigkeit der Religion von der Regierung", indem sie statt einer "staatlichen Religion" eine "religiöse Regierung" (d.h. eine "islamische Demokratie") anstrebten.
Rückkehr zur traditionellen Religion
Andererseits bedeutet die Trennung von Politik und Religion das Ende der Islamischen Republik in ihrer heutigen Form. Anscheinend haben auch die regierenden Ajatollahs dieses Problem erkannt.
Mit Mahmud Ahmadinedschad haben es die Ajatollahs zum ersten Mal nach 24 Jahren zugelassen, dass ein Nicht-Geistlicher zum Präsidenten gewählt wurde.
Zuvor hatten sie – ebenfalls zum ersten Mal in der Geschichte der Islamischen Republik – Gholam Ali Hadad den Posten des Parlamentsvorsitzenden anvertraut.
Damit sollte vielleicht verhindert werden, dass die Geistlichen als Symbole der Religion weiter an Ansehen verlieren, obwohl nur eine kleine Gruppe von Ajatollahs so privilegiert sei, sich in staatliche Angelegenheiten einmischen zu können, meint Hasan Schariatmadari.
"Viele Geistliche vermissen in Iran die Meinungs- und Gedankenfreiheit. Sie versuchen daher nach Kräften, die Rückkehr zur traditionellen Religion zu verteidigen", so Schariatmadari.
Allerdings könnten die Versuche, die Unabhängigkeit der schiitischen Geistlichkeit wiederherzustellen, etwa von Geistlichen – wie Ajatollah Borudscherdi – einen hohen Preis bedeuten.
Ghasem Toulany
© Qantara.de 2007
Qantara.de
Porträt Ayatollah Kazemeini Boroujerdi
Ein iranischer Geistlicher im Visier der Staatsmacht
Die Verfolgung eines kritischen schiitischen Geistlichen und seiner Anhängerschaft zeigt nicht nur, wie hemmungslos das Teheraner Regime vorgeht, sondern auch, wie stark der Widerstand gegen seine Herrschaft ist. Von Nazenin Ansari
Religion und Moderne in der Islamischen Republik
Irans leere Moscheen
Der Schah von Persien brachte den Iranern die westliche Moderne, Ayatollah Khomeini den politischen Islam und die Tradition. Inzwischen ist die Religion zu einer bloßen Staatsideologie verkommen. Die Folge ist eine Abkehr vom Glauben, wie Kristin Helberg berichtet.
Der Westen und der Iran
Der Bumerang-Effekt
Ein Militärschlag der USA auf den Iran würde die Herrschaft der Mullahs stärken und nicht schwächen, meint Nasrin Alavi.