Spiel ohne Zuschauer



Die Tatsache, dass die Reformer in den letzten Jahren verpasst hatten, ihre Wahlversprechungen zu erfüllen, führte nicht zuletzt dazu, dass die Mehrheit ihrer Anhänger von Politik enttäuscht worden sind. Mehr als 70 Prozent der Iraner sind jünger als 30 Jahre. Und diese Mehrheit erhoffte sich vergeblich von den Reformkräften mehr Freiheiten und die Öffnung des Landes nach innen sowie nach außen.
Die junge Bevölkerungsmehrheit hat nun kein Interesse mehr daran, Zuschauer eines Spieles zu sein, dessen Ergebnisse schon besiegelt wurden. Vor vier Jahren bezeichnete die inzwischen verbotene Zeitung "Yase No" die Parlamentswahlen als ein "Freiheitsspiel ohne Zuschauer".
In einem WM-Qualifikationsspiel hatte damals die iranische Nationalelf Qatar im Teheraner Azadi-Stadion vor leeren Rängen empfangen. Aber "Yase No" spielte nicht nur auf den enttäuschenden Zuschaueraufmarsch an, sondern auch auf die sehr niedrige Wahlbeteiligung.
Eine Tatsache bleibt: Selbst wenn der Wächterrat die Kandidatur der Reformpolitiker nicht untersagt hätte, hätten diese ihre Wähler kaum mobilisieren können. Außerdem hätten in einem de facto machtlosen Parlament die Reformer ihre Glaubwürdigkeit innerhalb der Bevölkerung vollends verloren.
Kontrollierte Konkurrenz
Für die Konservativen scheinen aber die Wahlen ohne jede Beteiligung der "gemäßigten Reformer" problematisch zu sein. Deshalb hat der Wächterrat einige, vor allem unbekannte und gemäßigte Kandidaten der Reformer, die sich unter anderem um den ehemaligen Parlamentsvorsitzenden Mehdi Karubi scharen, zur Teilnahme an den Wahlen zugelassen, nachdem ihre Kandidatur vom Innenministerium abgelehnt worden war.
Wie der iranische Journalist Akbar Ganji in der Online-Zeitung "Rooz" schreibt, würde die Beteiligung dieser "harmlosen Reformer" lediglich die "religiöse Diktatur" legitimieren. Der völlige Ausschluss der Reformer hätte die Parlamentswahlen vollends zur Farce werden lassen. Immerhin ist der Iran ein Teil der amerikanischen "Achse des Bösen". Teheran könnte ohne Reformer leichter ins Visier der Amerikaner geraten.
Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob die Reformer mit ihrer Beteiligung nur die von den Ayatollahs dringend benötigte demokratische Glaubwürdigkeit des Systems liefern oder ihnen das Spiel verderben, indem sie eine beachtliche Zahl der Parlamentssitze erobern.
Ghasem Toulany
© Qantara.de 2008
Qantara.de
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