Die bevormundete Minderheit



Nur: Wieso lädt man solche Personen dann wieder in eine Islamkonferenz? Einmal Muslim, immer Muslim? Überhaupt wird bei der Islamkonferenz die Welt so einfach aufgeteilt wie einst in Bayern in der Dorfkirche. Hier Männlein, dort Weiblein. Für die Islamkonferenz: Hier fünfzehn Mal Staat. Dort fünfzehn Mal Muslim.
Dass es Überschneidungen geben könnte – einen muslimischen Bürgermeister oder Minister – kommt anscheinend keinem in den Sinn. Ist ja auch völlig unrealistisch. Ein Armutszeugnis für ein Land, das angeblich eingesehen hat, dass es ein Einwanderungsland ist. Die Deutsch-Deutschen bitte auf die politische Seite. Der Rest, die mit den komischen Namen, kommen dann auf die muslimische Bank.
Es liegt etwas zutiefst Bevormundendes, sogar Undemokratisches in dieser Art der Besetzungspolitik. Das Ministerium berät, hinter verschlossenen Türen. Die Muslime warten ab, wer sie vertritt.
Natürlich betont man offiziellerseits: "Die Deutsche Islamkonferenz ist nicht die Vertretung der Muslime Deutschlands, sondern die zentrale Plattform des deutschen Staates für den Dialog mit Muslimen in Deutschland."
Doch das ist ein schwer verständliches Zwitterkonstrukt. Wie kann man in der Islamkonferenz einen Dialog mit den deutschen Muslimen führen, wenn die dort Anwesenden keine Vertreter der Muslime, von diesen weder gewählt noch vorgeschlagen, und teilweise nicht einmal selbst-identifizierte Muslime sind?
Hilal Sezgin
© Qantara.de 2010
Der Kommentar wurde am 11. März 2010 in der WDR5-Sendung Politikum ausgestrahlt.
Hilal Sezgin lebt als freie Autorin bei Hamburg. Im Frühjahr erscheint ihr Roman "Mihriban pfeift auf Gott".
Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de
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