Das israelische Dilemma




Als Beispiele führt er die Siedler an, die ihre Siedlungen im Westjordanland nicht aufgeben wollen, oder das Militär, das auf Abschreckung setzt: Für sie würden Frieden und Kompromisse das Ende ihrer Stellung bedeuten, deshalb werde das Schüren von Ängsten für sie zum Machtinstrument, glaubt Zimmermann.
Die Mehrheit lässt sich das gefallen, weil Mehrheiten meist träge und bequem sind. Und weil die israelische Mehrheit aus der jüdischen Geschichte allein die Schlussfolgerung zieht, dass Nichtanwendung der Waffe Schwäche und Katastrophe bedeuten:
"Wenn man betont, dass wir immer Opfer waren, dass sich das nie wiederholen soll und dass Araber und Palästinenser aber genau das Ziel haben", so der israelische Historiker, "dann sind die Appelle der Linken, über Alternativen nachzudenken, nicht sehr überzeugend."
Umdenken- aber wie?
Dieses Umdenken, weg von der Fixierung auf Angst und Abschreckung, so das Fazit in Zimmermanns Buch, sei der Ausweg aus dem derzeitigen Dilemma. Es fand bereits 1993 statt, als man bei der Aushandlung der Osloer Verträge bereit war, mit den Palästinensern und der PLO zu sprechen und Vorurteile und Ängste beiseite ließ.
Es endete allerdings abrupt 1995 mit der Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin. Wie ein solches Umdenken in Israel wiederbelebt werden könnte und welchen Anteil die palästinensische Seite dazu beitragen muss, das schreibt Zimmermann in seinem Buch allerdings nicht.
In seiner Heimat hat er viel Kritik für sein Buch geerntet, bisweilen betrachtet man ihn dort als einen "Nestbeschmutzer", der antiisraelische Thesen verbreitet.
Die wahren Antiisraelis säßen jedoch in der Regierung, kontert Zimmermann im Interview : "Die Regierung macht die antiisraelische Politik. Weil sie dazu führt, dass Israel isoliert wird. Dass der Frieden nicht kommt und am Ende die Katastrophe droht!"
Ina Rottscheidt
© Deutsche Welle 2010
Moshe Zimmermann: "Die Angst vor dem Frieden. Das israelische Dilemma". 160 Seiten, Aufbau-Verlag, 2010.
Redaktion: Nimet Seker/Qantara.de
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