Bilderverbot





Seit dem Frühjahr 2009 bestehen zudem neue Tendenzen, die Arbeit von Journalisten vor Ort zu erschweren: Der Strafrechtskatalog, der bestimmte Tätigkeiten der Arbeit von Journalisten unter Strafe stellt, wird zurzeit kräftig ausgeweitet. Schuld daran ist die Finanzkrise und ihre negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft der Vereinigten Arabischen Emirate.
In Zeiten der Krise setzen die Herrscher am Golf auf eine stärkere inhaltliche Kontrolle, wie Ghanem Nuseibeh beobachtet: "Neue Gesetzesentwürfe sehen hohe Geldstrafen vor für Berichterstattung, die den politischen und wirtschaftlichen Interessen entgegenläuft.
Das kann so ziemlich alles sein, je nachdem, wie die Berichte von der jeweiligen Aufsicht ausgelegt werden. Der rechtliche Rahmen droht zu einer willkürlichen Strafverfolgung von Journalisten zu führen." 500.000 Dollar sollen künftig als Strafe gegen Medienunternehmen verhängt werden können, sollte etwas Kritisches in der Berichterstattung gefunden werden – in jedem einzelnen Fall.
Die Rolle, die Medien in einem westlichen Politik- und Gesellschaftsgeschehen spielen, nämlich hoheitliches Handeln medial zu kontrollieren und Diskussionen in der Öffentlichkeit zu verbreiten, soll in den Vereinigten Arabischen Emiraten gerade verhindert werden.
Zudem trifft die westliche Vorstellung von Journalismus auf eine Umwelt, in der traditionell Dissens hinter verschlossenen Türen im Kreise des Stammes gelöst wird und nicht in öffentlichen Debatten.
Kontrolle ausländischer Medien
Für Fernseharbeit kommt erschwerend das Bilderverbot des Islam hinzu, das am Golf, mehr noch als in anderen Teilen der islamischen Welt, von vielen Menschen besonders stark verinnerlicht wird und sich auch auf die Arbeitsebene auswirkt.
Dass die neue Medienstrategie den Vereinigten Arabischen Emiraten nutzen wird, bezweifeln viele, zum Beispiel auch Christian Koch vom Gulf Research Center, einem regierungsunabhängigen Think Tank in Dubai:
"Die Vorgehensweise fördert Gerüchte, weil alle denken, dass man etwas zu verbergen hat, dass man nicht offen und ehrlich ist, sondern die Lage schönredet. Es wäre viel nützlicher, zuzugeben, dass es auch Probleme gibt."
Darüber hinaus gibt es in jüngster Zeit auch Tendenzen, ausländischer Medien stärker zu kontrollieren und gegebenenfalls zu sanktionieren. Exemplarisch für eine befürchtete härtere Gangart gegenüber ausländischen Journalisten stehen die in diesem Frühjahr gesammelten Erfahrungen der BBC.
In ihrem TV-Magazin Panorama berichtete der britische Nachrichtensender über die Lebensbedingungen in Dubais Arbeitslagern, den Trabantensiedlungen, in denen Hunderttausende Gastarbeiter aus Süd- und Südostasien leben, die auf den Baustellen der Golfmetropole arbeiten.
Die strahlende Fassade Dubais bekam Kratzer. Der BBC drohte für ihren Standort in der Media City von Dubai die Sendelizenz entzogen zu werden. Für die Emirate geht es um viel.
Sie verdanken den Medien ihren Aufstieg zu einem globalen Erfolgsmodell und internationalen Vorbild. Mit ihrer neuen Medienstrategie setzen sie dieses Konzept aufs Spiel – im Inland wie im Ausland.
Constantin Schreiber
© KULTURAUSTAUSCH III /2009
Constantin Schreiber, geboren 1979, ist Jurist und Journalist. Derzeit ist er im Auswärtigen Amt für Medienprojekte Deutschlands in der arabischen Welt zuständig. Davor war er Korrespondent des arabischen TV-Programms der Deutschen Welle in Dubai.
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