Dialog in der Kunst

Weiteres Merkmal des kulturellen Dialogs ist die arabeske Bildstruktur, die sich in einer Verbindung von gegenständlichen Elementen mit abstrakten Musterungen zeigt.
Mit dem a-mimetischen Bildaufbau der arabesken Strukturen löst Taha Hussein die eingefügte Gegenständlichkeit von der empirischen Wahrnehmungswelt und überführt sie in eine komplexe symbolistische Bildwirklichkeit. Der kulturelle Dialog zeigt sich hier in der Vereinigung orientalischer Bildlosigkeit mit europäischer Bildhaftigkeit.
Letztere dokumentiert sich in der Vergegenständlichung der Bildstrukturen, durch die figurative Assoziationen ausgelöst werden.
Verbindung von islamischer und westlicher Kunst
Taha Husseins Ausgangspunkt des künstlerischen Dialogs liegt in der arabisch-islamischen Kunst. Aus ihren strukturalen Grundbedingungen (Wiederholung, Reihung, Positiv-Negativ-Verhältnis) entwickelt er in Verbindung mit Konzepten und Bildtechniken der westlichen Moderne seine spezifischen Gestaltungskriterien. So bricht er die festgelegten Strukturprinzipien islamischer Kunst auf und dringt in neue Bildbereiche vor.
Die Moderne bietet ihm dabei die Möglichkeit, die traditionellen islamischen Gestaltungsformen durch eine spontane und impulsive Bildsprache, und durch die Visualisierung subjektiver Erfahrungen und Empfindungen zu erweitern. Aus der Moderne bezieht er wesentliche Impulse für eine Neubetrachtung der Themen traditioneller arabisch-islamischer Kunst.
Das Streben nach Integration
Damit nimmt Taha Hussein innerhalb der Weltkunst eine Position ein, die im Gegensatz zum momentanen öffentlichen Interesse nicht auf kulturelle Differenz und auf kritische Hinterfragung des Westens beruht, sondern nach Integration strebt. Hier stellt sich die Frage, wo sich eine überregionale Kunst oder Bildlichkeit finden lässt, die dem Menschen einen Identifikationsraum im gegenwärtigen Globalisierungsprozess belässt.
In der Kunst Taha Husseins ist es das Interesse an den grundsätzlichen Existenz- und Identitätsfragen des Menschen, den er in seiner Umwelt und seiner Geschichte begreift. Mit dieser Fokussierung auf den Menschen betont er das Gemeinsame bzw. das Völkerverbindende.
Versöhnung zwischen Ost und West
Damit schlägt er mit seiner Kunst eine Brücke zwischen den Kulturen und schafft neue Identifikationsräume. So bietet die Kunst Taha Husseins, ihre Synthese aus orientalischen und okzidentalen Konzepten, eine kulturuniversale, überregionale Lösung. Sie liegt zum einen in der Rückbesinnung auf die eigene Geschichte und Zivilisation, zum anderen in der wohlüberlegten Öffnung gegenüber anderen Kulturen.
Damit schafft er mit seiner Kunst eine Zukunftsperspektive, die im Rahmen der Globalisierung den Weg zu einer kulturellen Gleichberechtigung und gegenseitigen Akzeptanz aufzeigt. Seine Kunst versöhnt das so konfliktbeladene Verhältnis zwischen der orientalischen und okzidentalen Gesellschaft, das seit dem 11. September 2001 erneut in den Brennpunkt der Öffentlichkeit getreten ist.
Dagmar Thesing
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