Von der Vereinbarkeit islamischer und universeller Werte




Unterstützungsnetzwerke wie Anaruz, die Dachorganisation der marokkanischen Frauenorganisationen, werden immer stärker – trotz der konservativen gesellschaftlichen Normen des Landes.
Frauenrechtsorganisationen und einzelne Aktivistinnen halfen der Regierung, die Rechte für alle Frauen stetig zu verbessern, worin der Staat zunehmend einen Weg sieht, die Gesellschaft insgesamt im Sinne des Fortschritts voranzubringen.
Eine andere Lektion, die aus den Erfahrungen in Marokko und Tunesien gezogen werden kann, ist das Feld, das mittlerweile Gender- und Frauenstudien an einigen Universitäten eingeräumt wird. Durch diese akademischen Programme konnte nicht nur soziale Wahrnehmung verändert werden, sondern auch Strukturen, die der Gleichberechtigung bisher im Wege standen.
Einer der Hauptgründe für den langsamen Fortschritt bei den Frauenrechten in anderen arabischen Staaten ist eine unbegründete Furcht den Konservativen, dass das Zugeständnis vollständiger Geschlechtergleichheit einer Übernahme westlicher Werte und einer Abkehr von islamischen Werten gleichkäme.
Neuinterpretation des Islam
Befürworter dieser Rechte im Maghreb haben jedoch immer wieder darauf hingewiesen, dass die Wurzeln ihrer Probleme das patriarchale System und die sozialen Normen darstellen, nicht jedoch der Islam selbst.
Frauenrechte sind tatsächlich sehr gut mit dem Geist des Islam vereinbar, so wie auch mit universellen Werten. Die islamische Rechtsprechung kennt die Tradition des idschtihad, eine unabhängige und kontextorientierte Auslegung des Koran; ebenso wie die hadithe, die Überlieferungen der Aussagen des Propheten, die es ermöglichen, die Kultur als ein sich veränderndes Konzept zu begreifen.
Die Länder des Maghreb streben nach einer Neuinterpretation des Islam. Dies erreichen sie mit ihren neuen Familiengesetzen, die den modernen, sozialen Kontext berücksichtigen – ohne dabei islamische Werte aufzugeben.
Tradition und Modernität schließen sich nicht aus. Die Zukunft der Frauenrechte im Maghreb hängt sowohl von der Arbeit der Bürgerrechtsaktivisten ab, als auch von einer fortgesetzten islamischen Rechtsreform, die sich auch auf universelle Menschenrechte gründet.
Fatima Sadiqi
© Common Ground News Service 2009
Übersetzung aus dem Englischen von Daniel Kiecol
Fatima Sadiqi ist Professorin für Linguistik und Gender-Studien sowie UN-Expertin für Gender-Fragen.
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