Eine Sommernacht im Libanon



In seinem Film "Falafel" beschreibt Kammoun, knapp 40 Jahre alt, das fragile Gleichgewicht im Libanon nach dem Bürgerkrieg. Er hat den Film bereits 2004 gedreht. Genau ein Jahr später flammte der Konflikt wieder auf: 2005 wurde Premier Minister Rafik Hariri in einem Anschlag getötet, 2006 brach der Krieg mit Israel aus.
Zwischen Krieg und Vulkan
"Es ist eine widersprüchliche Situation: Zwar gibt es keinen Krieg, aber die Probleme der libanesischen Gesellschaft sind nicht gelöst, eine latente Spannung ist ständig zu spüren", sagt Kammoun. "Das Land ist eine Art schlummernder Vulkan, der jederzeit wieder ausbrechen kann."
Kammoun ging es in seinem Film darum, diese Ambivalenz aus der Perspektive der Jugend zu zeigen – der Generation also, die den Bürgerkrieg nicht mitgemacht hat und trotzdem mit den Folgen leben muss. Bezeichnend für junge Libanesen, so Kammoun, ist aber ihr Lebenshunger - trotz andauernder Krise und mangelnder Perspektiven im Land.
Um dies wiederzugeben, hat Kammoun für seinen Film ein schnelles Tempo gewählt und die Handlung in einer einzigen Nacht inszeniert. "Man hat im Libanon den Eindruck, die Dinge beschleunigt erleben zu müssen. Denn man weiß nie, was am nächsten Tag passieren kann. Deshalb gehen die Menschen dort wahnsinnig viel aus, sie wollen Spaß haben."
Kichererbsenbällchen und Straßenphilosophen
Wie der Protagonist Toufic sein Leben gestalten soll, erzählt ihm unter anderem ein Falafel-Verkäufer - anhand eines frittierten Kichererbsenbällchens. Es ist einer der vielen Straßenphilosophen, wie Kammoun sie nennt, die man im Libanon schnell trifft und die seinen Film so authentisch machen.
Drei Jahre lang hat Kammoun an "Falafel" gearbeitet. In einem Land, in dem Infrastruktur und vor allem Finanzierung für Filme kaum existieren, musste er eigens eine Produktions- und Verleihfirma gründen. Nun will auch er Zeit nachholen und arbeitet gerade an drei weiteren Projekten gleichzeitig. Eines soll sich in Frankreich abspielen. Dort hat Kammoun Anfang der 90er-Jahre Film studiert.
Dass tausende Libanesen mit der ständigen Unsicherheit nicht fertig werden und lieber das Land verlassen, kann Kammoun verstehen. In seinem Film "Falafel" hindert letztendlich der kleine Bruder den jungen Toufic daran, sich an dem aggressiven BMW-Fahrer zu rächen. Im heutigen, chaotischen Libanon ist für Kammoun die Familie einer der wenigen Zufluchtsorte.
Guylaine Tappaz
© DEUTSCHE WELLE 2008
Qantara.de
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