Raus aus dem kulturellen Hinterhof



Die syrischen Künstler, die Abir Boukhari in ihren Projekten zusammenbringt, arbeiten mit zeitgenössischen Techniken, haben aber alle ihre formale Ausbildung in Malerei oder Bildhauerei absolviert, weil diese die einzigen Wahlmöglichkeiten darstellen, die Kunststudenten in Syrien offen stehen.
Zeitgenössische Techniken müssen sich die jungen Künstler in Workshops im Ausland und durch Eigenstudium bzw. Autodidaktik selbst beibringen.
Aus diesem Grund wird Zusammenarbeit in den Projekten von "All Art Now" großgeschrieben, damit jeder von den Erfahrungen der anderen profitieren kann.
Und gerade der Austausch mit ausländischen Künstlern auf gleichberechtigter Basis bringt neue Gedanken und Ansätze, was von höchster Bedeutung für die Entwicklung einer seriösen zeitgenössischen Kunstszene in einem politisch und kulturell isolierten Land ist, in dem Künstler selbst nur selten die Gelegenheit bekommen, an internationalen Events teilzunehmen.
Innovative Präsentation von Kunst
Durch unermüdliche Öffentlichkeitsarbeit bemüht sich Abir Boukhari, das syrische Publikum für zeitgenössische Kunst zu sensibilisieren. Im Februar dieses Jahres fand das erste syrische Festival für Videokunst statt, mit Teilnehmern aus 42 Ländern.
Nachdem das Goethe-Institut seine Unterstützung erklärt hatte, wurde das Projekt auch vom British Council, dem Centre Culturel Français und dem niederländischen Kulturinstitut unterstützt. Vorführungen fanden in den Kulturinstituten sowie in einigen Cafés und Restaurants von Damaskus statt, um so ein größeres Publikum zu erreichen.
Gerade diese Idee, Kunst in den Straßen von Damaskus sichtbar zu machen, ist in Syrien noch weitgehend unbekannt – in einem Land, in dem immer noch die Anschauung vorherrscht, Kunst gehöre in schöne Räume, abgehoben und fern vom Alltag.
Die "All Art Now"-Projekte stoßen in Syrien auf Interesse, aber nicht selten auch auf Unverständnis. So sah sich der türkische Video-Künstler Ethem Özgüven anlässlich eines Diskussionsabends im Rahmen des ersten Festivals für Videokunst mit der erstaunlichen Frage eines syrischen TV-Journalisten konfrontiert, was denn die genaue Definition des Begriffes "Videokunst" sei und aus welchem Grund es als "Kunst" bezeichnet werden könne.
Aufbruch in die Gegenwart
Doch trotz dieses Unverständnisses bei den Medien und Teilen des Publikums erzielt Abir Boukhari mit ihren künstlerischen Aktivitäten oft erstaunliche Resultate.
So hat die Fakultät der Schönen Künste der Universität Damaskus ihr Interesse erklärt, für das nächste Festival 2010 Räumlichkeiten für Videovorführungen zur Verfügung zu stellen. Und sogar die Damaszener Stadtverwaltung zeigt sich nicht mehr ganz abgeneigt, in Zukunft einen Graffiti-Workshop in den Straßen der Stadt abhalten zu lassen.
Projekte wie die von "All Art Now" sind von unschätzbarem Wert für die Entwicklung einer wirklichen zeitgenössischen Kunstszene in Syrien. Und gerade Menschen wie Abir Boukhari haben das Potential diese Entwicklung voranzutreiben, damit Kunst aus Syrien nicht länger als anachronistisch angesehen wird.
Charlotte Bank
© Qantara.de 2009
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