"Ich mache Bastard-Musik!"
Die Musiker streben diesen bestimmten Punkt an, einen Punkt, an dem der Zuhörer eine Gänsehaut bekommt", erklärt Clotaire K. Dann beeilt er sich klarzustellen, dass das, was er mache, ja gar nicht Tarab sei. Er versuche lediglich den Tarab-Punkt von Live-Aufnahmen, die er mit nahöstlichen Musikern gemacht hat, zu sampeln.
"Dieser Tarab-Punkt berührt mich einfach am meisten. Wenn Oum Kalthoum oder Fairouz eine gewisse Note singen, dann fühlt sich das so an, als sei ich zuhause."
Es ist nicht leicht zu sagen, wo Clotaire K wirklich zuhause ist. Er ist der Sohn einer libanesischen Mutter und eines ägyptischen Vaters - eines Philosophielehrers -, der aber in Südfrankreich geboren wurde.
Eine Weile lang hat er in den USA gelebt. Er hat viel Zeit im Libanon verbracht und tut es noch immer. Seltsamerweise ist seine Musik in Frankreich kaum populär, hingegen am meisten erfolgreich bei Jugendlichen im Nahen Osten, in Großbritannien und in Deutschland.
Clotaire K's Texte haben eine ähnlich große Bedeutung wie seine Musik. Aus ihnen spricht eine Sehnsucht nach dem "alten, unschuldigen Beirut", nach einer Welt, die einst vollkommen und intakt war, aber nach dem Krieg zu zerfallen begann.
Sprache des Mittelmeers
In seinem Lied Maqam spricht Clotaire K von "nur einer Sprache, einer Sprache des Mittelmeers. Einer Sprache der Künstler" - eine Metapher für Einheit?
"Ja, es geht um etwas Verbindendes", erklärt er. "Ich sage: Am Mittelmeer gibt es nur eine Sprache, die Stimme der Sängerinnen des Nahen Ostens. Noch heute hört man Sängerinnen wie Oum Kalthoum, Fairouz oder andere im Radio. Die Leute mögen sie noch immer. Kinder verstehen ihre Texte. Großväter und Großmütter verstehen sie. Es ist gut, dass eine Kunstform alle vereinen kann. Hier im Westen gibt es niemand, in dem sich alle wieder erkennen können."
Trotz seiner Liebe zur traditionellen arabischen Musik wählte Clotaire K als musikalische Ausdrucksform den Hip-Hop. Weil es dabei, wie er sagt, tanzen und "Party machen" lässt. Und weil der Hip-Hop ideal sei, für "die Botschaft".
Ist seine Musik also im traditionell politischen Sinne von Hip-Hop zu verstehen, ein Vehikel für Sozialkritik? Clotaire K winkt ab. Er sähe sich nicht als jemand, der über Politik singt. "Meine Musik ist egoistisch. Ich mache sie für mich, um die Dinge zu hören, die ich sonst nicht höre, in Bezug auf Musik und Text".
Bastardmusik
Ihm sei allerdings aufgefallen, dass die Jugendlichen im Nahen Osten anscheinend hören wollen, was er zu sagen hat. Sie würden sich in seinen Texten wieder erkennen. "Das ist eine gute Belohnung, ein schönes Geschenk."
Clotaire K liebt den Gedanken, dass einige Musikproduzenten sich endlich aufraffen und auf die Suche machen nach den "richtigen Künstlern", um endlich wieder "großartige Musik" zu machen. Richtige Künstler wie Clotaire K?
"Ich bin kein großer Künstler arabischer Musik. Im gewissen Sinne bin ich ein Scheißkünstler. Das ist keine pure Musik. Ich mache Bastardmusik. Aber wenn meine Musik irgendetwas bei diesen Leuten bewirken kann, dann wäre das immerhin etwas. Davon träume ich".
Ein unpolitischer Texter mit einer politischen Botschaft. Ein Bastardmusiker als Fürsprecher für Purismus: Clotaire K bekämpft und umgarnt einen Dämon auf seiner Suche nach einer Note, die sich wie zuhause anfühlt. Wann immer er diese Note findet, viele werden daran teilhaben.
Tareq Al-Arab
© Qantara.de 2004
Zur Website von Clotaire K (engl.) geht's hier