Islamdialog im Sprechgesang




In der islamischen Welt und Europa hat sich längst eine eigenständige, moderne Musikszene entwickelt, die sich fernab von Bauchtanz- und Folkloreklischees bewegt. In diesem Dossier stellen wir einige ihrer wichtigsten Akteure, Stilrichtungen und Begegnungen vor. Mehr ...
Dabei waren die inhaltlichen Vorgaben für die arabisch-englischen Rap-Songs eindeutig: "Keine Politik, keine Religion", sagt der 25-jährige Musiker Karim Sfaxi, der zusammen mit dem Japaner Tomoki aus Berlin angereist ist. "Das verstehe ich als Araber total. Auch in meiner Heimat Tunesien vermeidet man mit unpolitischen Texten manche Probleme."
"Nomad Soundsystem" als kulturelle Bereicherung
In Berlin produzieren beide im Rahmen ihres Projekts "Nomad Soundsystem" elektronische Clubmusik mit orientalischem Einschlag. Den wahren Orient aber scheint selbst der Tunesier erst jetzt entdeckt zu haben: "Der Jemen ist noch zu 100 Prozent arabisch", sagt Karim. "Hier sind die Traditionen so geblieben wie früher."
Als reinen Westimport wollen die Veranstalter den Hip-Hop-Workshop dennoch nicht gelten lassen. "Hip-Hop und Tanz, das ist nichts Fremdes hier", sagt Frank Werner, Kulturattaché der deutschen Botschaft. "Wir beobachten, was sich im Land tut, nehmen das auf und helfen, es weiterzuentwickeln mit unserer eigenen Kultur. Wer sich isoliert, entwickelt sich auch nicht weiter. Und der Jemen will sich weiterentwickeln."
Guido Zebisch, Mitarbeiter der deutschen Botschaft, sieht Ähnlichkeiten mit den traditionellen Stammestänzen: um einen sportlichen Wettbewerb handele es sich bei beiden tänzerischen Ausdrucksformen.
Dennoch müssen manche Workshopteilnehmer lange Diskussionen mit ihrer Familie führen, andere haben die Eltern lieber gleich im Unklaren gelassen. "Ich werde auf der Straße wegen meiner Kleidung angesprochen, die Leute sagen, das sei unislamisch", klagt Rapper Ali. "Das tut mir weh. Ich bin ein Muslim und gehe doch sogar beten."
Vereinbarkeit von Musik und Religion
Auch Hip-Hop-Fan Ramzi, der nach dem Konzert in Sanaa begeistert Beifall klatscht, stößt mit seinem Musikgeschmack bisweilen auf Unverständnis: "Die Hardliner versuchen uns einzureden, der Islam vertrage sich nicht mit dieser Musik. Dabei hat das eine gar nichts mit dem anderen zu tun."
Dass Religion und Rap durchaus vereinbar sind, haben die Proben gezeigt: Beim "Allahu akbar" des Muezzins verstummen Keyboard und Sprechgesang augenblicklich.
Auch die traditionelle Musik scheint durch die ungewohnten Klänge aus dem Westen nicht in Gefahr. "Beim Qatkauen höre ich Sanaani-Musik, mit meinen Freunden nach der Uni auch mal gerne Hip-Hop", sagt Ramzi.
Das Konzert hat ihm so gut gefallen, dass er sich den frischgekürten jemenitischen Breakdancern anschließen und selbst ein paar Schrittfolgen zeigen lassen will. Seine Mutter hat überhaupt nichts gegen die im Jemen außergewöhnliche Freizeitbeschäftigung: "Dann kaut er wenigstens nicht so viel Qat."
Klaus Heymach
© Qantara.de 2006
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