Gleichberechtigung als Bildungsmission



Zwar ist die Scharia Teil des islamischen Selbstverständnisses, aber wir lehnen die Deutung der Scharia durch einen patriarchalischen Blickwinkel der Männer ab. "Rahima" wendet sich also gegen einen patriarchalischen Diskurs, und das ist auch der Grund, weshalb wir die Scharia-Bestimmungen in Indonesien ablehnen – weil sie nicht die echte islamische Scharia darstellt, sondern nur eine politisch instrumentalisierte.
Aufgrund des wachsenden Drucks ultrakonservativer Islamisten sind in 16 der 32 Provinzen Indonesiens bereits Teile der Scharia eingeführt worden. Auf Aceh oder in der Stadt Tangerang, westlich von Jakarta, ist die Islamisierung auf dem Vormarsch. Glauben Sie, dass dieses Phänomen zum Teil von außen in die indonesische Gesellschaft getragen wurde, zum Beispiel durch den wahabitischen Islam aus Saudi-Arabien?
Dewi Erdani: Nun, ich denke, da spielen viele Faktoren eine Rolle: Der Kern ist wohl, dass die indonesische Gesellschaft gegenwärtig eine vielseitige Krise erfährt – in ökonomischer, politischer und auch religiöser Hinsicht. Dies ist im wesentlichen die Ursache dafür, weshalb sich einige wieder auf ihren religiösen Glauben besinnen. Und so kam es auch, dass wahhabitische Glaubensinhalte dann auch zunehmend akzeptiert wurden.
Aber die Fundamentalisten stießen ja nicht allein wegen ihrer Vorstellungen und Praktiken auf Resonanz, sondern weil sie vieles unternahmen, was den Gemeinschaften sehr fehlte: Sie boten wirtschaftliche Hilfe und medizinische Versorgung umsonst an. Und ich denke, das man damit auch viele andere Gesellschaften erreicht, die sich in einer vielseitigen Krise befinden.
Interview: Arian Fariborz
© Qantara.de 2007
Aditiana Dewi Erdani, 1967 in Jakarta geboren, studierte Jura an der rechstwissenschaftlichen Fakultät der Diponegoro University in Semarang. Bis 2001 arbeitete sie für die "Indonesische Gesellschaft für Pesantren und Gemeinschaftsentwicklung". Seit 2007 ist sie Direktorin der Frauenrechtsorganisation "Rahima".
Qantara.de
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