Sharif im Abseits



Seit Musharraf an die Macht kam, hat er weder Bhutto noch Sharif Hohn und Spott erspart und immer wieder betont, dass er die Anklagen wegen Korruption in beiden Fällen unter keinen Umständen fallen lassen würde.
Doch hinter den Kulissen fand eine Annäherung zwischen Bhutto und Musharraf statt, die womöglich auf einen Plan zur Machtaufteilung hinauslaufen könnte, um die Basis für die Regierung zu stärken.
Sowohl die amerikanische, als auch die britische Regierung sind an einem solchen Deal interessiert, da sie offenbar glauben, ein solcher Zusammenschluss könnte Musharraf helfen, effektiver gegen die Taliban an der afghanischen Grenze zu kämpfen.
Als Gegenleistung für ihre Mitarbeit hat Bhutto gefordert, dass alle Anklagen gegen sie und ihren Mann, Asif Zardari, fallen gelassen werden. Zudem verlangte sie die Rücknahme eines Gesetzes, das unter Musharraf beschlossen wurde und vorschreibt, dass die Regierungszeit eines Premierministers höchstens zwei Legislaturperioden dauern darf.
Unbeirrtes Festhalten an der Macht
Um diese Forderungen etwas weniger schwer verdaulich erscheinen zu lassen, ließ Bhutto ihre Anhänger wissen, dass alle Verhandlungen nur zum Wohl des politischen Klimas und wegen fairer Wahlen innerhalb von sechs Monaten vonstatten gingen.
Doch die ausschlaggebende Wahl ist die des Präsidenten. Musharrafs Interesse ist groß, erneut gewählt zu werden, ohne seinen militärischen Posten zu verlieren. Er weiß, dass, sobald er als Zivilperson antritt, sein Nachfolger in militärischen Würden ihm sehr wohl den Rücken kehren oder gar putschen könnte.
Am liebsten würde er vom derzeitigen Parlament gewählt werden, ohne seine Uniform an den Nagel zu hängen. Doch die demokratischen Parteien sind sich einig, dass sie einen General auf dem Präsidentenstuhl nicht weitere fünf Jahre akzeptieren wollen.
Während also die Gespräche zwischen Bhutto und Musharraf immer klarere Konturen annahmen, brachte Sharif mit der Ankündigung seiner Rückkehr wieder alles durcheinander.
Seine gefeierte Rückkehr würde einen Strich durch Musharrafs (und Amerikas) Rechnung machen, zumal Sharif nach wie vor der beliebteste Politiker im Punjab ist, Pakistans größter Provinz. Der unerbittliche Kampf mit Musharraf machte es unmöglich, Sharif als Partner irgendeiner Art in Erwägung zu ziehen, also musste er ins Abseits manövriert werden.
Überzogene Maßnahmen gegen Sharif
Tage vor seiner Rückkehr wurde wild über seinen Einfluss auf die Politik diskutiert. In Regierungskreisen reagierte man übermäßig, um größeres öffentliches Aufsehen zu vermeiden. 20.000 Polizisten wurden abgestellt, tausende von Sharifs Anhängern und anderen Oppositionellen wurden vorsorglich verhaftet.
Genau gesagt, war es die größte Machtdemonstration Musharrafs in den letzten acht Jahren. Hätte er ähnliche Energie in die Bekämpfung der Extremisten und Dschihadisten gesteckt, wäre Pakistan heute womöglich ein friedlicheres Pflaster.
Alles in allem ist Sharifs erneute Exilierung nach Saudi Arabien eine klare Missachtung des Gerichts hinsichtlich des Urteils, dass es Sharif gestattet sein sollte, "ohne Hindernisse" einzureisen. Die Frage ist nun, wie das Oberste Gericht auf die Übergriffe der Regierung reagieren wird.
Sollte das Gericht eine Missachtungsklage gegen die obersten Regierungsbeamten aussprechen, könnte dies auf einen Konfrontationskurs hinauslaufen, der Pakistan in Richtung Kriegsrecht führen könnte.
Angesichts der Unabhängigkeit des Gerichts scheint es nicht unwahrscheinlich, dass man sich auf den Konflikt mit Musharraf einlassen wird. Und wie sich in der jüngsten Vergangenheit gezeigt hat, wird Richtern und Anwälten viel Respekt und Unterstützung von Presse und Öffentlichkeit entgegengebracht.
Doch Musharraf hat mehr als deutlich gemacht, dass er zu jeglicher Art von Gewalt bereit ist, um seine eigene Autorität zu schützen. Dies spricht gegen das Gerücht, er sei bereit, sich mit Benazir Bhutto die Macht zu teilen, falls es zu einer Einigung der beiden Parteien käme. Aus dem Blickwinkel seiner militärischen Gesinnung heraus glaubt er fest an die "Einheit der Befehlsgewalt" – eine Formulierung, die er oft gebraucht.
Während also Washington in Musharraf und Benazir Bhutto das "Dream Team" sehen mag, sieht die Realität jedoch völlig anders aus.
Irfan Husain
Aus dem Englischen von Rasha Khayat
© Qantara.de 2007
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