Endspiel für Musharraf





Es ist abzusehen, dass dies zu einer weiteren Schwächung der Position Musharrafs führen wird, von der die Bewegung der protestierenden Anwälte und Richter sicher profitieren wird.
Dabei ist dies keineswegs das einzige Problem, dem sich Musharraf gegenübersieht. Erst vor drei Monaten besetzten Studentinnen der islamischen Hochschule ("Jamia Hafsa Madrassa"), die in der roten Moschee in Islamabad eingerichtet ist, eine nah gelegene Kinderbücherei.
Damit protestierten sie gegen die Zerstörung von sieben Moscheen, die illegal auf staatlichem Grund errichtet worden waren. Der daraus erwachsene Konflikt war für Musharraf insofern äußerst unangenehm, da die Menschen berechtigterweise fragten, wie er denn die Taliban und die Al-Qaida bekämpfen will, wenn er nicht einmal mit einem kleinen Aufstand von ein paar hundert Mädchen in Burkas fertig wird – und dies nur wenige Kilometer vom Sitz des Präsidenten und vom Armeehauptquartier entfernt.
Grenzen der Macht
Auch dieses Ereignis zeigte dem Diktator die Grenzen seiner Macht auf. Da die meisten jungen Frauen aus den von verschiedenen Klans kontrollierten Gebieten stammen, besteht zudem die Sorge, dass eine Verletzung oder gar der Tod eines der Mädchen zu blutigen Gegenschlägen von Stammeskriegern führen könnte.
Doch bei der Besetzung der Bibliothek blieb es nicht: Sie zwangen die Besitzer von DVD- und Videogeschäften zur Schließung und stürmten ein Haus, von dem sie behaupteten, es sei ein Bordell. Sie kidnappten die Besitzerin und ihre Nichte und verlangten von ihnen, den Tatbestand der Prostitution einzugestehen.
Und Musharraf? Angesichts dieser offenen Herausforderung blieb ihm nichts weiter übrig, als über Emissäre mit den Verantwortlichen der Moschee und des Seminars zu verhandeln – Personen, die inzwischen fordern, dass im ganzen Land nur noch die Scharia herrschen solle.
Die anhaltenden Kämpfe mit den afghanischen Truppen an der Grenze sowie die nicht enden wollende Kritik an der zögerlichen Bekämpfung der Taliban erschweren zudem die Beziehungen zwischen Kabul und Islamabad. Die Führung in Washington, bislang fest an der Seite Musharrafs, wird zusehends ungeduldig und fragt sich, wie verlässlich der Partner tatsächlich ist.
Kampf ums politische Überleben
Und auch Musharrafs politische Legitimation ist keineswegs mehr so unumstritten. Noch lauter wird diese Kritik, seitdem die Demokraten die Mehrheit im Kongress stellen.
Im energiereichen Belutschistan wird seit nunmehr zwei Jahren gekämpft. Stammesführer verlangen dort einen größeren Anteil an den Erlösen aus den Verkäufen von Erdgas, das aus ihrem Boden gefördert wird.
Nach Berichten der "Human Rights Commission of Pakistan" sind Hunderte junger Männer in vom Geheimdienst geleitete Arbeitslager verschleppt worden. Einige der wieder freigelassenen Personen berichteten von Folterungen. Dieser sowie anderer Fälle hatte sich Richter Iftikhar Chaudry angenommen und sich damit äußerst unbeliebt bei der Regierung gemacht.
Musharrafs Probleme werden damit nicht kleiner. Und mit dem Nahen der nächsten Wahlen kämpft er um sein politisches Überleben. Generäle aber lasen nicht leichtfertig von der Macht, die sie sich einst nahmen. Normalerweise halten sie bis zum letzten daran fest. Sollte dies der Fall sein, ist es gut möglich, dass er damit seinem Land noch mehr schadet als er es bisher bereits getan hat.
Irfan Husain
Übersetzung aus dem Englischen von Daniel Kiecol
© Qantara.de 2007
Irfan Husain ist Kolumnist der englischsprachigen Zeitung "Dawn" in Karatschi, der "Daily Times" aus Lahore sowie der "Khaleej Times" aus Dubai.
Qantara.de
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