Neues Kapitel in den muslimisch-christlichen Beziehungen



Als 2006 Benedikt XVI in seiner Rede an der Universität von Regensburg dem Islam vorwirft, irrational und gewalttätig zu handeln, ist die Empörung in der muslimischen Welt groß. Doch der Papst bittet, seine Rede als Aufforderung zum Dialog zu sehen.
Ein Jahr später richten 138 hochrangige islamische Gelehrte einen "offenen Brief" an ihn und andere führende Kirchenvertreter, in dem sie betonen: "Die Zukunft der Welt hängt also vom Frieden zwischen Muslimen und Christen ab; wir haben eine Basis für diesen Frieden. Sie ist ein grundlegendes Prinzip unserer beider Glaubenstraditionen: Es ist die Liebe zu Gott und zum Nächsten."
Überbringer des Schreibens war damals der jordanische Prinz Ghazi bin Muhammad bin Talal. Kardinal Jean Louis Tauran, der seit 2007 den Päpstlichen Dialograt leitet, würdigt den Text sofort: "Ich habe hier zum ersten Mal erlebt, dass Muslime, wenn sie über Jesus sprechen, die Bibel zitieren und nicht den Koran. Das ist etwas Neues. Die unterzeichnenden Muslime kommen aus allen Kontinenten, Sunniten gehören ebenso zu ihnen wie Schiiten. Auch das ist etwas völlig Neues. Ich würde sagen, dieser Brief zeigt eindeutig den Willen der Muslime, uns klar zu machen, dass sie nicht unsere Feinde sind.
Christlich-muslimisches Konfliktmanagement
Noch bevor Benedikt XVI im November 2007 das Schreiben offiziell beantwortet, empfängt er bei einem interreligiösen Gebetstreffens in Neapel Vertreter aller Weltreligionen. Unter ihnen sind zahlreiche Muslime, denen der Papst versichert, dass die katholische Kirche beabsichtige, "den Weg des Dialogs weiterzugehen und voranzutreiben, damit das Verständnis wächst zwischen den verschiedenen Kulturen und religiösen Traditionen". Zudem hoffte Benedikt XVI, dass "dieser Geist sich immer weiter verbreitet, vor allem dort, wo die Spannungen groß sind."
Als daraufhin im März 2008 Vertreter beider Religionen in Rom das "katholisch-muslimische Forum" gründen, schlagen sie ein neues Kapitel in der Geschichte muslimisch-christlicher Beziehungen auf.
Nicht umsonst betont die Abschlusserklärung der nun in Rom zu Ende gegangenen ersten Seminars des Forums den gemeinsamen Willen, "ein dauerhaftes Katholisch-Muslimisches Komitee einzurichten, das auch in Konfliktsituationen die Reaktionen der Religionsvertreter koordiniert."
Corinna Mühlstedt
© Deutsche Welle 2008
Qantara.de
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