"Der Westen soll uns weiter unterstützen"




Wenn die Armee sich gegen das Volk entscheiden sollte, dann "gehen wir wieder auf die Straße. Ganz einfach ist das", sagt sie und nimmt ihr Glas Tee in die Hand.
Auch Alaa Khaled ist Youmnas Meinung. "Das Militär soll das Land in der Übergangsphase regieren, damit eine neue Verfassung erarbeitet werden kann und anschließend Wahlen organisiert werden können", sagt er. Nur so wäre der Weg frei für Veränderungen.
Doch weil einige politische Kräfte eine Modernisierung des Landes verhindern wollten, ist er gespannt, welche Veränderungen es genau geben wird. "Es wird auf jeden Fall Diskussionen geben", sagt er. "Das wäre doch Demokratie", antwortet eine der Anwesenden, die ein Kopftuch trägt. Die anderen nicken.
"Wir erwarten nichts mehr vom Westen"
Immer mehr Menschen kommen ins Café "Al-Horreya". Einige gönnen sich eine Pause vom Saubermachen. Eine Gruppe junger Mädchen legt Plastik-Handschuhe und Besen zur Seite, als sie Platz nimmt. Eines ruft dabei Revolutions-Parolen und macht Witze über den abgesetzten Präsidenten, der nach Deutschland ins Exil hätte gehen sollen.
Das wäre ein schönes Geschenk von Bundeskanzlerin Angela Merkel an Ägypten gewesen, meint eine andere. "Doch jetzt ist es zu spät. Wir erwarten jetzt nichts mehr vom Westen."
Alaa Khaled hingegen erwartet, dass der Westen das neue Ägypten beim Aufbau einer funktionierenden Demokratie unterstützt. "Aber es ist eben eine neue Ära", sagt er. "Heute gibt es nicht nur einen Mann, mit dem der Westen verhandelt, sondern 80 Millionen Ägypter."
Und wenn gewählt werde, müsse der Westen die Ergebnisse anerkennen, meint Khaled: "Auch wenn es die islamistische Alternative wäre", die er selber nie wählen würde. "Die europäischen Regierungen und die USA sollten uns einfach weiterhin unterstützen, wie sie es in der Ära Mubarak getan haben", fügt eine der Anwesenden hinzu. "Alles andere schaffen wir bestimmt alleine."
Alaa Khaled fragt die Jungen, wie sie sich nun ihre eigene Zukunft im neuen Ägypten vorstellen. "Zunächst schlafen", lautet die Antwort von Youmna. Und dann fügt sie hinzu: "Ich glaube, es wird langsam Zeit, dass ich mich verliebe und heirate." Alle lachen.
Die Idee gefällt auch den anderen jungen Frauen. "Aber", ergänzt eine andere junge Frau, "wer nicht von Anfang an bei den Demonstrationen dabei war, der hat bei mir keine Chance."
Khalid El Kaoutit
© Deutsche Welle 2010
Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de
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