Virtuelle Propaganda für die dritte Generation



Dass diesem Mann in dem Magazin so viel Platz eingeräumt wird, verdeutliche, welche Generation von Al-Qaida-Kämpfern angesprochen werden soll, so Aburumman: "Es handelt sich hierbei um die dritte, neue Generation, die im Westen geboren ist und dort gelebt hat, aber kein Arabisch sprechen kann, wie Abu Dujana al-Kharasani, Umar al-Faruq und Nidal Malik Hassan."
Der algerische Terrorexperte Ghamrassa Abdul-Hamid glaubt, dass Al-Qaida derzeit einen grundlegenden Wandel durchlebe, mit dem auch die Weiterentwicklung ihrer Medienarbeit und die Anpassung an diese neue Generation einhergehe: "Die Medienarbeit von Al-Qaida erlebt momentan einen großen, qualitativen Schub bei der Übermittlung ihrer Botschaften und Anweisungen. Wo sich die Terrororganisation früher mit der Veröffentlichung der Erklärungen, Botschaften und Bilder ihrer Anschläge begnügte, versucht sie jetzt, ihre Propaganda-Aktivitäten auf einer anderen, internationalen Ebene, weltweit zu verbreiten."
Überwundene Sprachbarrieren
Das Internet ist schon lange nicht mehr nur ein Raum, in dem ideologische Medienkriege geführt werden; es avanciere immer mehr auch zu einem effektiven Instrument der Anwerbung, Rekrutierung und Ausbildung von neuen, potenziellen Terroristen in den Zielländern, sagt Aburumman.
In der jetzigen, so genannten dritten Generation begännen westliche Al-Kaida-Anhänger zunehmend, eigenständige terroristische Aktivitäten zu planen und zu verüben, ohne direkte Anweisungen vom Hauptquartier der Organisation. "Das Medium Internet war hierfür von großem Nutzen", vermutet er.
Auch die Sprachbarriere, die bislang eine große Hürde bei der Kontaktaufnahme mit dieser Generation darstellte, wird mit der Herausgabe dieses englischsprachigen Magazins überwunden. Damit, so befürchten Experten wie Mohammed Aburumman, wachse auch der Einfluss von Al-Qaida auf diese Zielgruppen.
Die erste Ausgabe des Online-Magazins "Inspire", die Anfang Juli online ging und sich anschließend in mehreren islamistischen Internet-Foren verbreitete, war jedoch zunächst ein Rohrkrepierer. Das Inhaltsverzeichnis des Magazins verweist auf Reden, Artikel und Anweisungen, die sich auf 67 Seiten verteilen. Tatsächlich lesbar waren jedoch nur die ersten drei Seiten, der Rest war Datenmüll.
US-Medien spekulieren, dass dies auf eine erfolgreiche Störaktion amerikanischer Geheimdienste zurückzuführen sei. Es scheint, dass die US-Geheimdienste diese virtuelle Kampfrunde schnell gewonnen haben. Es ist jedoch auch sicher, dass die nächste Runde nicht lange auf sich warten lassen wird.
Emad M. Ghanim
© Deutsche Welle 2010
Redaktion: Lewis Gropp/Qantara.de
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